Diskussion im EU-Parlament zum Thema arbeitende Kinder und das bolivianische Kinder- und Jugendgesetz

Bei einem Meinungsaustausch in der Entwicklungskommission des Europäischen Parlaments zeigten die anwesenden Parlamentarier*innen Interesse an der Sicht von Kindern und Jugendlichen auf ihre Arbeit. Im Folgenden dokumentieren wir eine Pressemitteilung unserer Partnerorganisation BélgicaNNATs.

Am Donnerstag, den 22. Januar 2015, hat in der Entwicklungskommission des Europäischen Parlaments ein Meinungsaustausch (in technischen Termini EoV – Exchange of Views) zum Thema der arbeitenden Kinder und zum jüngeren Fall des bolivianischen Kinder- und Jugendgesetzes (Ley 548 Código Niño, Niña y Adolescente), in Kraft getreten im April letzten Jahres, stattgefunden.

Folgende Expert*innen nahmen zum Gesetz Stellung::

  • René Fernández Revollo, Botschafter des Plurinationalen Staates Bolivien bei der Europäischen Union;
  • Prof. Dr. Manfred Liebel, Leiter des European Master in Childhood Studies and Children’s Rights (EMCR) an der Freien Universität Berlin und seit einigen Jahren Berater der Bewegung arbeitender Kinder und Jugendlicher in Lateinamerika und der Karibik (MOLACNATs);
  • Maria Rosa De Paolis, Verantwortliche für die soziale Inklusion und die Arbeit von Kindern bei der Europäischen Kommission sowie
  • Marcoluigi Corsi, Repräsentant von UNICEF in Bolivien.

Im Laufe der Debatte wurde der Fokus auf die grundsätzlichen Ziele des neuen Gesetzes gelegt, insbesondere aber auf den partizipativen Prozess der die Ausarbeitung und Zustimmung zum Gesetz begleitet hat. Mehrere Stimmen haben darauf hingewiesen, dass das Gesetz nicht die Arbeit von Kindern im Allgemeinen legalisiert, wie eine selektive Lesart nahelegen könnte. Im Gegenteil werden arbeitende Kinder geschützt mit dem Ziel, ihnen würdige Bedingungen zu gewährleisten und zugleich die Lebensbedingungen ihrer Familien zu verbessern, die Ursachen von Armut zu bekämpfen und Kindern, die noch an der Erfüllung der Bedürfnisse ihrer Familien mitwirken müssen, verschiedene Möglichkeiten zu bieten.

Das Thema hat unter den anwesenden Parlamentarier*innen großes Interesse hervorgerufen. Sie haben den Wert des partizipativen Prozesses anerkannt und es herrschte eine grundsätzlich offenere Stimmung im Verhältnis zur vorhergehenden Diskussion vom September 2014, bei der die Frage auf politische Ebene diskutiert wurde und sie mit dem Vorschlag verbunden wurde, die Wirtschaftsabkommen GSP+ zwischen Europa und Bolivien aufzuheben.

Außerdem wurde über die Herausforderungen gesprochen, denen dieses Gesetz gegenübersteht, insbesondere im Hinblick auf seine Umsetzung. Die von dem Gesetz identifizierten Kontrollmechanismen (Defensorías et Comités de Niñas, Niños y Adolescentes) sind tatsächlich mit begrenzten Ressourcen und sowohl in Zahl wie Ausbildung unzureichendem Personal ausgestattet. Um diesen Herausforderungen zu begegnen wurde im Zuge der Debatte ein angemessene Unterstützung durch die europäischen Institutionen und eine Verantwortungsübernahme, auch aus finanzieller Perspektive, für die Begleitung der Umsetzung der Regulierungsstelle vorgeschlagen. Wie die Vertreterin der Europäischen Kommission in Erinnerung gerufen hat, bleiben die Konvention über die Rechte der Kinder von 1989 und die wesentlichen Konventionen der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) N. 138 und 182, allesamt von Bolivien ratifiziert, die Referenznormen, und sie bilden die Basis, um das neue Gesetz zu „bewerten“. Eine offizielle Deklaration der ILO zum Thema wird im Februar erwartet und auf dieser Basis wird die Europäische Kommission ihre technische Ansicht äußern.

Einstweilen verpflichtet sich BélgicaNNATs, gemeinsam mit den anderen Organisationen des Netzwerkes EuropaNATs, die Diskussion mit den Europäischen Institutionen fortzuführen und dabei den während der Debatte gemachten Vorschlag zu akzeptieren, eine zusätzliche Gelegenheit des Austausches unter persönlicher Einbeziehung von Delegierten der Union arbeitender Kinder und Jugendlicher in Bolivien (UNATSBO) zu organisieren.

Diese Debatte bedeutet einen wichtigen Fortschritt im Verlauf der Unterstützung des neuen Gesetzes und des demokratischen und partizipativen Prozesses in Bolivien.

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Livestream-Video der Sitzung im EU-Parlament

Aktualisiert: 05.02.2015